Was auch immer das sein mag - Performing Arts Festival Blog 2018

Was auch immer das sein mag

5. Juni 2019

KRITIKEN

Ana Kavalis und Jeff Gbureks behandeln wandelnde Zustände mit „Somehow Standing“ im Tatwerk.

„C’était toi? – Yes I think so. – Quando? – Was? – T’es sûr?“ Französisch, Spanisch, Englisch, Deutsch – wie improvisiert purzeln lose Satzfetzen aus Ana Kavalis Mund. Die Künstlerin baut aus verschiedenen Sprachen ein scheinbar zusammenhangloses Selbstgespräch. Man hat das Gefühl, zu erleben, wie die Gedanken in ihrem Innern entstehen, sich fortspinnen und ihren Weg nach Außen bahnen. Welchem Kern genau sie entspringen, bleibt schleierhaft: Wiedererkennung? Selbsterkenntnis? Identitätsstiftung? Irgendwo dazwischen taucht auch noch der Ansatz einer Geschichte auf: zwei Männer beim Waldspaziergang.

Mal illustriert Ana Kavalis’ Körper ihre Worte, dann scheint er sich wieder gegen sie aufzulehnen. Auf Stühlen und Sitzkissen lagern die Zuschauer*innen, einige lehnen mit dem Rücken an der Wand. Sie bilden einen Kreis, in dessen Mitte die Performerin tanzt. Sie dreht sich, zuckt, gleitet an den Zuschauer*innen vorbei, stockt, hält innigen Augenkontakt, bevor sie ein unsichtbarer Sog ergreift und weiterzieht.

Jeff Gbureks untermalt das ganze mit einem Live-Sound. Er sitzt mit im Kreis, vor ihm ein Tisch, der an ein DJ-Pult erinnert. Statt Turntables nutzt er eine Spieluhr („Für Elise“), Spachtel, Geigenstab, Stahlwolle, Geschirrtuch, Tannenzapfen, Gläser, Muscheln. Er zupft, hämmert, zieht, klopft und schiebt parallel dazu die Regler am Mischpult. Alle Geräusche hallen verzerrt aus den Lautsprechern, die in den Ecken des Raumes stehen. Nur eine Passage füllt Gbureks mit akustischem Gitarrenspiel.

Während Tanz und Musik tranceartige Zustände auszulösen vermögen, ist es Ana Kavalis’ kurze Rede nach Ende der Performance, die hängenbleibt:„Artists are always struggling to be an artist. Whatever that is – an artist.“ Die Verzweiflung und Instabilität, die „der Zustand des Werdens“ mit sich bringen kann. Und die Fähigkeit, diesen Zustand nicht nur auszuhalten sondern „als besten Teil unserer Selbst“ zu akzeptieren.

Von Corina Hofner

Foto: Carolina Calcavecchia