Schattenspiele - Performing Arts Festival Blog 2018

Schattenspiele

7. Juni 2018

KRITIKEN

„Die Bremer Stadtmusikanten“ vom Theater o.N.

Im Foyer des Fliegenden Theaters, ein kleiner Raum, der eher einem Café ähnelt, sitzt eine Gruppe Kindergartenkinder und einige dazugehörige Erzieherinnen. Der Techniker Markus des Theater o.N. steht an der Kasse. Die eigentliche Spielstätte der Gruppe in der Kollwitzstraße 53 ist momentan eine Baustelle, deshalb sind sie im Fliegenden Theater zu Gast.

Heute zeigen Iduna Hegen, Günther und Uta Lindner „Die Bremer Stadtmusikanten“, das älteste Stück aus dem Repertoire des Theaters o.N. Der Verbund von Schau- und Puppenspieler*innen, Regisseur*innen, Musiker*innen und Schriftsteller*innen um das Haus mit seinen wechselnden Namen im Osten Berlins – das erste freie Theater der ehemaligen DDR – besteht seit etwa 40 Jahren. Ihr Märchenstück, ein Musiktheater-Schattenspiel für Kinder, ist mit gut 30 Jahren beinahe genauso alt und wird noch in der Originalbesetzung aufgeführt.

Sie erzählen die Geschichte von den vier Tieren, die wegen ihres Alters als unnütz abgestempelt werden und sich zusammenrotten unter dem Motto „Etwas besseres als den Tod findest du überall“, vor, hinter und neben einem großen Rahmen, der wie ein Fenster wirkt, mit Transparentpapier bespannt ist, eine kleine Bühne auf der Bühne für die eingesetzten Schattenspielfiguren. Die Requisiten und Instrumente liegen alle offen auf der Bühne verteilt. Während der Aufführung entspinnt sich ein dynamisches Wechselspiel zwischen den drei Spieler*innen: Positionen werden ebenso vertauscht wie die Rollen. Mal bellt Iduna Hegen, mal Günther Lindner den Hund; Uta Lindners Stimme spannt märchenhaft erzählend in kleinen Zwischenintervallen den Handlungsrahmen. Sehr charmant berlinert Iduna Hegen die Besitzerin der Katze, die es satt hat, dass „Miezi“ keine Mäuse mehr fängt.

Die Klangwelt des Stücks zeichnet sich durch vielfältig genutzte, unkonventionelle Instrumente aus wie das Soundrohr, eine kleine Tröte oder eine Trommel, die mit Strippen an der festgespannten Haut auch den Klang eines Mühlenrads nachahmen kann.

Hegen, Lindner und Lindner spielen mit Licht und Schatten, besingen mehrstimmig und sehr harmonisch das Schicksal der Bremer Stadtmusikanten. Das junge Publikum tauscht sich aufgeregt aus, erfreut sich an Worten wie „futschikato“, konstatiert aber auch sehr bestimmt, wenn in den ruhigeren Momenten „alles langweilig“ ist oder „es stinkt“, weil Kerzen auf der Bühne angezündet wurden.

Wenn die Räuber grölend hinter der Schattenleinwand erscheinen und der Raum stärker abgedunkelt wird, gruseln sich ziemlich viele der jungen Zuschauer*innen. Ein origineller Twist ist, dass die unheimliche Räuberbande sich als eine kleine Räuberfamilie mit Mama, Papa, Kind entpuppt.

Wenn der Raum sich anschließend wieder erhellt und verwirrte Kinderaugen sich blinzelnd an das Deckenlicht gewöhnen, ist es schwer zu glauben, dass 40 Minuten schon um sein sollen. „Das hat so Spaß gemacht“, sagt ein kleines Mädchen, seufzt, blickt ein wenig schwärmerisch drein. Die Kinder dürfen nun auf die Bühne strömen, alles begucken, bekommen von den Spieler*innen die spartanisch wirkende, aber sehr effektiv genutzte Kulisse erklärt. Den Zauber der „Stadtmusikanten“ kann das nicht brechen.

von Thu Ngoc Trinh