Von Katzen und Mäusen
9. Juni 2018
Das Theater unterm Dach erzählt mit „Rosa – trotz alledem“ von Rosa Luxemburg.
Vor dem Fernseher entspannt eine Schauspielerin, neben ihr läuft das Programm – live, von Schauspielern gespielt. Drei Gäste, ein Schauspieler mit zwei Puppenköpfen und ein Moderator diskutieren über die neuesten politischen Themen. „Langweilig“ stößt die Frau vorm Fernseher hervor, zappt weiter zum nächsten Programm, wo eine Frau monologisiert (natürlich wieder: live neben der Röhre). Also zurück zur Debatte mit ihren Streitereien und Menschen, die einander ins Wort fallen.
Szenen wie diese unterbrechen immer wieder den Hauptstrang von „Rosa – trotz alledem“ von Panse/Kastner Productions – Anja Panse schrieb den Text und führte Regie, Barbara Kastner übernahm Dramaturgie und Produktion – im Theater unterm Dach. Im Mittelpunkt stehen die späten Jahre der Philosophin, Aktivistin und Politikerin Rosa Luxemburg. In einem revueartigen Reigen voller Kabarett-Einsprengsel auf der ziemlich vollgerümpelten Bühne werden die wichtigsten Abschnitte ihres Lebens vorgestellt. Rosa Luxemburg singt, tanzt und spielt, fällt zusammen mit ihren drei Mitstreiter*innen aus der Rolle, greift satirische Bezüge zur aktuellen Politik auf.
„Rosa“ konzentriert sich auf die Ereignisse nach dem Ersten Weltkrieg, berichtet von Luxemburgs Gefangenschaft bis hin zu ihrer Ermordung. Hintergrundinformationen erfährt man dabei nicht – glücklich all jene, die im Geschichtsunterricht aufgepasst haben. Klar ist es schwer, Luxemburgs politischen Ambitionen in 90 Minuten zu verpacken. Sich dann noch auf die heutige Politik zu beziehen und Aussagen zu treffen: noch schwieriger. So aber wirken all die Stationen ihres Lebens, all die Begegnungen und Parolen nur angerissen, schemenhaft, entwickelt sich zu wenig kritische Auseinandersetzung sowohl mit ihren Thesen, mit Kapitalismus, Kapital und Profit wie mit der heutigen Politik. Schade.
Politische Probleme werden dann aber doch in einigen symbolischen Szenen angerissen. So erzählt das Sandmännchen eine kurze Geschichte von Katzen und Mäusen, die die Frage von irrationalen Wahlentscheidungen aufgreift: Warum wählen Mäuse eigentlich immer nur zwischen zwei Katzen und nicht mal eine Maus? Eine Podiumsdiskussion zwischen Ministern entwickelt sich zu einer Debatte über Freiheit. Rosa singt von Frauenproblemen, die die Männer nicht sehen.
So gibt der Abend viele Denkanstöße, reißt große Themen an, hinterfragt politische Richtungen, Entscheidungen, Ansichten. Kritisch? Eine Frage der Perspektive. Immerhin: Satire und Komik machen den Abend unterhaltsam, trotz alledem. Klar wird am Ende vor allem: Nichts ist einfach, alles kompliziert in der Geschichte dieser Rosa Luxemburg.
von Franziska Hansen